Page 6 - Der Prophet und das Geld
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Ländern des Nordens und des Westens nahmen die Mütter Abschied
von den Söhnen, die nie mehr wiederkehren sollten. Und jene, die
zurück kamen, waren andere geworden. Hart und verstört, den Kreis der
Freunde nicht mehr betretend.
Niemand hatte das Sterben und Töten herbeigerufen. Niemand, der
die Kinder Afrikas verdorren lassen wollte und wünschte, ihnen werde
Mutter und Vater genommen noch vor der Zeit. Und niemand, dessen
Seele vom Los der Nutzlosigkeit träumte, keiner, der gerne mit hartem
Blick sein Herz vor der Armut nebenan verschloss. Getötet der Bruder im
Krieg, verendet das Glück – und niemand konnte verstehen, was vor
aller Augen geschah.
War es ein Fluch aus alter Zeit? War es Strafe und Gericht? War der
Mensch schlecht und verdorben? Lebte das Böse unter den Menschen
und wollte sie mit Absicht zerstören? So viele Fragen und keine Antwort,
die nach Wahrheit klang. Alles tönte flach und hart nach Lüge und
raubte die Freude und den Drang zu leben. Und diese Zeit dauerte an
und wurde viel zu vielen zum Schicksal.
Doch eines Morgens erwachte Aischa und sah die Morgenröte. Und
die Morgenröte war zärtlich und sprach: „Sei geduldig, noch eine Weile.
Vorbei der Augenblick des Ruhens auf dem Wind. Viele andere Frauen
haben ihn wiedergeboren.“ Geheimnisvoll waren die Worte, doch es
war gesagt, dass die Wiederkehr des Propheten nahe und das Flimmern
der Morgenröte hatte vom Kommen Vieler gesprochen.
Es war so weit. Die Nebel sollten sich heben und den Fragen würdige
Antworten zuflüstern. Die Greise sollten schweigen und ihr Jammern
sollte versiegen. Das Gebrüll der Gestrandeten und Verwirrten sollte
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