Page 13 - Der Prophet und das Geld
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Belastet es den Gemüsehändler nicht, wenn am Abend die Tomaten

           noch die seinen sind? Und wie sehen seine Lasten aus? Muss er nicht
           wieder ganze Arbeit leisten und seine Tomaten in die Kisten packen und
           in die kühlende Dunkelheit des Lagers schaffen? Werden die Tomaten
           für ihn nicht teurer, bis sie endlich den Weg in die Kochtöpfe gefunden
           haben? Und wie könnte er seine Lasten auf dem Preisschild angemessen
           zum Ausdruck bringen? Muss er nicht ganz gegenteilig vorgehen und

           Nachlässe gewähren, weil die Tomaten immer mehr an Farbe und Prall-
           heit verlieren? Und geht es dem Fleischhändler nebenan nicht ebenso?
           Und dem Schuhfabrikanten, dem Möbelhersteller, den Tuchwebern und
           den Papierproduzenten? Tragen sie nicht alle die gleichen Lasten und
           können sich ihrer nicht erwehren? Wenn euch die Ware Last ist und nur
           ihr Absatz euch Erleichterung verschafft, dann doch nur, weil das Geld,
           das am Abend in der Kasse klingelt, euch von all diesen Problemen
           befreit. Es ist so ganz anders als eure Tomaten. Es wird nicht faulig und
           wird nicht von den Motten gefressen, es setzt keinen Rost an und

           braucht nicht kühl gelagert zu werden. Es kommt nicht aus der Mode
           und behält seine Farbe. Und so ist euch das Geld etwas anderes als eure
           Waren, die es doch tauschen soll, denen es gleich – ein Äquivalent, ein
           Gegenüber und Ersatz – sein soll. Und was ist der Preis, der euch von der
           Last eurer Waren befreit? Ein Geld, das seinen Preis verlangt, verlangen
           kann und immer verlangen wird, weil es eben besser ist als all’ euer

           Geerntetes und Geschaffenes. Das ist der Zins von dem ich zu euch
           sprechen will.


             Es ist eure Angst, die dieses Geld geschaffen hat und noch andauern
           lässt. Eure Angst  vor dem  Leben, das  doch  Vergänglichkeit,  Altern,
           Vergehen und Tod mit sich bringt. Davon sprechen eure Waren jeden
           Tag zu euch und eure Muskeln und auch euer Geist. Alles ist in den



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