Page 35 - Die Ausbeutung, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung
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Deutschland wird als Freiland zum Fideikommiss des ganzen Volkes. Die
Unabhängigkeit der Kaufleute bleibt ebenfalls unangetastet und wird
womöglich noch erhöht. Der Staat mischt sich in keiner Weise in ihre
Angelegenheiten. Sie schalten und walten nach freiem Ermessen. Bei den
Unternehmern ist es ebenso. Sie werden von den so störenden
Konjunkturschwankungen und vom Zins der von ihnen benötigen
Kapitalien befreit. Den Industriearbeitern reicht die befreite Wirtschaft
den Löwenanteil der von ihr erwarteten Früchte. Ohne dass die Preise
darum steigen werden, wird ihr Lohn sich verdoppeln, verdreifachen. Sie
werden nach und nach zu Wohlstand gelangen und auch die Aktien ihrer
eigenen Unternehmungen erwerben können, allerdings ohne von diesen
Aktien dann noch mehr als die gewöhnlichen Abschreibungen erwarten
zu dürfen.
Die befreite Wirtschaft verlangt nicht, dass wir alle zu Proletariern
werden; Proletariern, die von einer Zentralbehörde geleitet werden und
nach einem von dieser Zentralbehörde aufgestellten Plan arbeiten, ohne
Interesse, ohne Freude, ohne Sorgen. Nein, im Gegenteil, die befreite
Wirtschaft wird diese traurigen Produkte des Kapitalismus dadurch mit
Stumpf und Stiel wieder von der Bildfläche wegfegen, dass sie sie alle
wieder in freie, selbständige, selbst verantwortliche Männer und Frauen
zurückverwandelt.
Und ich glaube, wenn wir dem deutschen Volk sagen müssten, dass, um
den marxistischen Sozialismus zu verwirklichen, wir den Proletarisierungs-
prozess mit allen Mitteln zu Ende führen müssen, dass wir die große
Masse des Volkes hinab stoßen müssen ins Elend, dass der Hunger, die
Arbeitslosigkeit, der Selbstmord, die Schwindsucht den Weg markieren,
auf dem der Marxismus das Volk ins kommunistische Paradies führt, dass
die meisten dann überhaupt an der Durchführbarkeit solcher Bestre-
bungen zweifeln werden. Die Schwindsucht ist das Endglied einer
Entwicklungskette, nicht der Weg zu neuen Zielen. Auf dem Weg der
allgemeinen Proletarisierung ist nichts zu erreichen.
1 Fideikommiss: Ein durch Stiftungsakt geschaffenes unveräußerliches und unteilbares, einer
bestimmten Erbfolge unterliegendes Vermögen, das üblicherweise auch nicht belastet werden
durfte. Im Wesentlichen nach spanischem Vorbild ausgebildet, verbreitete es sich nach dem
30jährigen Krieg auch im römisch-deutschen Reich. Heute nicht mehr gestattet.
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