Page 17 - Die Ausbeutung, ihre Ursachen und ihre Bekämpfung
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Diesen Gedanken setzt das Freigeld in die Tat um. Wenn Proudhon lebte,
            so würde er sagen: „Ihr habt meinen Gedanken umgekehrt. Ich wollte die
            Ware auf die Rangstufe des baren Geldes erheben. Ware und Geld sollten
            vollkommene Äquivalente dadurch werden, dass ich den Waren all die
            guten Eigenschaften verlieh, die das Gold besitzt. Das gelang mir nicht
            und konnte mir auch nicht gelingen, denn wie könnte man dem Stroh,
            den Lumpen, dem Petroleum, Eigenschaften verleihen, die es bedingen
            würden, dass der Sparer sagt: es ist mir einerlei, ob ich Gold besitze oder
            Lumpen, Petroleum, Rindshäute, Kartoffeln usw.?
            Durch die Hände der Sparer geht aber alles Geld. Im Laufe eines Jahres
            würde alles Geld des Landes in den Kassen verschwinden, wenn sie es
            nicht wieder, vom Zins angelockt, den ich ja beseitigt sehen will, dem
            Verkehr zurück gäben.  An die Verwendung des baren Geldes als Spar-
            mittel  hatte  ich  nicht  gedacht.  Es  ist  klar,  dass,  wenn   ich  meinen
            Gedanken zur Ausführung bringen will, das Geld auch als Sparmittel den
            Waren gleichgestellt werden muss. Das heißt, das Geld muss körperlich
            vom Sparmittel getrennt werden.
            Dies ist nun mit eurem Freigeld geschehen. Ihr habt die Ware nicht auf
            die Rangstufe des Geldes gehoben, sondern umgekehrt habt ihr das Geld
            auf  die  Rangstufe   der   Ware   herabgesetzt.   Das  war  ein  glücklicher
            Gedanke. Er ist praktisch durchführbar. Das Geld kann man nach Wunsch
            gestalten. Das Ziel meiner Bestrebungen ist erreicht. Das Freigeld ist so
            schlecht wie die Ware. Nun erst sind Ware und Geld wirklich äquivalent.“

            So würde sich Proudhon ausdrücken. Mit dem Freigeld sind alle Vorzüge
            des Geldes, die  Überlegenheit des Geldes über die Ware beseitigt.
            Damit muss natürlich alles fallen, was mit dieser Überlegenheit zusam-
            menhing. Und das ist nichts mehr oder weniger als der Kapitalismus,
            soweit dieser nicht mit dem Privateigentum an Boden verknüpft ist.

            Aus der Ware kann der  Geldbesitzer keinen Zins mehr schlagen, denn,
            wenn Äquivalente getauscht werden, wer soll dann den Zins zahlen?
            Ebenso gut könnte man erwarten, dass die Ware das Geld mit Zins
            besteuert. Das Freigeld ist also kein Kapital an sich mehr. Daher gibt es
            hier auch keine „Rentabilitätsgrenze“ mehr für die Kapitalakkumulation.
            Diese Grenze war gegeben durch den jährlichen Ertrag, den das Geld in
            seiner Funktion als Tauschmittel abwarf. Sie stand da seit 6.000 Jahren,


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