Page 12 - Die Wunderinsel Barataria
P. 12

Frei, an keine besondere Ware gebunden, weder an Gold, noch an
            Kartoffeln   und   Nüsse.  Wie   die  Erde  ihre  Schwerkraft  von  den
            umgehenden  Himmelskörpern  erhält,   so  zieht  das  Geld   aus  den
            Warenvorräten des Marktes, denen es als Tauschmittel dient, seine
            Lebensgeister. Nehmen wir die Sonne fort, so löst sich die Erde in Dunst
            auf, den die Wüstenwinde hin und her wehen; nehmen wir die Waren
            fort, so verwandeln sich die Samen des Pinus moneta wieder in das,
            was sie waren: Futter für die Ratten. Von dem Augenblick an aber, wo
            wir sagen: Wir verkaufen unsere Arbeitsprodukte nur noch gegen die
            Nüsse des Pinus moneta, entsteht eine kaufmännische Nachfrage, die
            genauso groß ist wie die auf den Tausch harrende Warenmenge und
            mit dieser gemessen werden kann. Wie ihr aber wisst, genügt es, wenn
            Nachfrage nach einer Sache besteht, um dieser den Charakter einer
            Ware zu geben, für die man auf dem Markt etwas eintauschen kann.
            Wie viel, das bestimmen dann Angebot und Nachfrage. Vorher war die
            Nuss des Pinus moneta wirklich ein sehr nutzloser Gegenstand, jetzt
            aber, da wir sie zu unserem Tauschmittel gemacht haben, gehört sie
            zweifellos zu unseren nützlichsten Gütern, da wir es ihr verdanken,
            wenn   wir  unsere  Produkte  schnell,  sicher   und  billig  austauschen
            können. Darum war es ein toller Streich, die 400.000 Zentner Kartoffeln
            "zur   Gerinnung  des  Wertes"   verfaulen   zu  lassen.  Weder  die
            Kartoffelnoten noch die Nüsse des Pinus moneta brauchten zu ihrer
            Geldfunktion solche "Deckung".

            Hier bricht die Chronik den Gegenstand plötzlich ab. Erst zehn Jahre
            später ist von einer neuen Geldordnung die Rede. So lange scheint man
            mit  dem   Nussgeld  völlig  zufrieden   gewesen   zu  sein.  Die   Chronik
            berichtet von dem unaufhaltsam wachsenden allgemeinen Wohlstand,
            der   sich  in  vielerlei  Werken  schönster   Kultur   äußerte.  Auch  der
            Überraschung des Chronisten wird Ausdruck gegeben darüber, dass
            dieser allgemeine Wohlstand allen Prophezeiungen zum Trotz nicht in
            Reichtum und Armut zerfallen wollte. Arme Leute gab es während
            dieser langen Zeit offenbar überhaupt nicht, denn im Staatshaushalt
            fehlt jede Andeutung über öffentliche Armenpflege. Überraschend klein
            an Umfang ist auch die Verbrecherchronik.



                                           - 12 -
   7   8   9   10   11   12   13   14   15   16   17