Page 15 - Die Wunderinsel Barataria
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Fideikommiss des ganzen Volkes darstellte. Und Fideikommisse kann
            man  nicht   verpfänden.  (Fideikommiss:   Ein  durch  Stiftungsakt
            geschaffenes  unveräußerliches  und  unteilbares,  einer  bestimmten
            Erbfolge  unterliegendes   Vermögen,   das  üblicherweise  auch   nicht
            belastet werden durfte. Im Wesentlichen nach spanischem Vorbild
            ausgebildet, verbreitete es sich nach dem 30jährigen Krieg auch im
            römisch-deutschen Reich. Heute nicht mehr gestattet.)

            Die baratonischen Sparer scheinen ihre Mittel direkt ohne Vermittlung
            von Zwischenpersonen und Banken in den ihnen bekannten, meistens
            als  Aktiengesellschaften  geführten  Unternehmungen  angelegt   zu
            haben. Wechsel und Schecks waren unbekannt. Die Barzahlung war
            fast ausnahmslose Sitte, was der Chronist damit erklärte, dass die Natur
            des dortigen Geldes jeden direkt zwang, sich des Geldes so schnell wie
            möglich  zu   entledigen.  Kreditverkäufe  waren  unbekannt.  Wer  aus
            besonderen Gründen nie über das nötige Geld verfügte, der borgte bei
            seinen Bekannten und Verwandten und bezahlte dann bar. Der Chronist
            erwähnt ferner die bei den Baratonen ganz allgemein gewesene Sitte
            der privaten Vorratswirtschaft. In jedem Hause war eine Vorratskammer
            eingebaut – gewöhnlich der Stolz der Hausfrau. Die Kammer füllte man
            mit den Dingen des gewöhnlichen Bedarfs. Statt Geldreserven und
            Sparkassenbüchern hatte man Vorräte.

            Da das Geld sich ohne Schaden nicht aufbewahren ließ, so war jeder
            Hausfrau der Besitz von Vorräten ebenso lieb und bequem, wie der
            Besitz barer Geldreserven. Geld und Vorräte waren gleich schlecht und
            gleich  gut.   Darum  pflegte  man   die  Waren   nicht   so  wie  heute   in
            Minimalmengen zu kaufen, sondern fass-, sack- und ballenweise in der
            Originalpackung, und da es sich derart immer um größere Sendungen
            handelte, so bezog man die Waren meistens unmittelbar vom Erzeuger.
            Die   Weihnachtsgeschenke   kaufte  man  z.B.  nicht   gerade   am
            Weihnachtsabend, sondern während des ganzen Jahres, wenn man
            gerade Geld hatte, und bewahrte sie dann in der Vorratskammer für die
            Zeit des Festes auf. Darum trieben sich die Waren in Barataria gar nicht
            lange auf den Märkten und in den Läden herum. Es waren überhaupt
            nur ganz wenige Läden vorhanden – eine Apotheke, ein Sargmagazin,



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