Page 5 - Die Wunderinsel Barataria
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unbegrenzter Menge verwendet werden kann, von dem es nie genug
und noch weniger jemals zu viel geben könne. Als Deckung der
Banknoten könne nur ein Universalgut in Frage kommen, und ein
Universalgut sei nicht die Kartoffel, nicht das Gold, sondern der Mist,
der Urstoff, der Universalstoff.
Hierauf antwortete Martinez, er habe die Kartoffeldeckung
vorgeschlagen, um nicht auf die Theorie des Geldes eingehen zu
müssen. Nach seiner Überzeugung bedürfe das Geld überhaupt keine
Deckung, da die Geldfunktion – d.h. die Nützlichkeit des Geldes als
Tauschmittel – aus dem Geldgegenstand ein Gut von universeller
Verwendbarkeit mache, universeller wohl noch als der Stallmist, da es
gerade da immer gesucht und begehrt wird, wo man Ware zum
Verkauf anbietet. Wo Ware liegt, da wäre Nachfrage nach Geld; die
Ware war also schon Deckung des Geldes – warum also noch eine
doppelte Deckung durch Kartoffeln, Gold oder Mist? Mit seiner
Funktion als Tauschmittel wäre das Geld gerade richtig und immer voll
gedeckt.
Diese Ausführungen scheinen aber nicht von der Mehrheit der
Baratonen begriffen worden zu sein, denn die Chronik sagt, dass bei
der Abstimmung über diese Frage die Männer sich aus
währungstechnischen Erwägungen für die Deckung des Geldes durch
Mist entschieden, die Frauen aber aus ästhetischen Gründen den
Kartoffeln den Vorzug gaben.
So wurde also die Sache nach den ursprünglichen Vorschlägen des
Lehrers durchgeführt. Man baute in jeder Stadt einen Kartoffelkeller,
wo jeder für Kartoffeln Zettel erhielt, die unseren heutigen Banknoten
ähnelten und die Inschrift trugen: Die baratonische Notenbank zahlt
dem Inhaber bei Sicht und ohne Legitimation 1 - 5 - 10 - 100 - 1000
Zentner Kartoffeln.
Wie es scheint, bürgerten sich diese Banknoten ohne Schwierigkeiten
bei den Baratonen ein. Wer Geld brauchte, lieferte in den Kellern der
Notenbank Kartoffeln ab und erhielt dort stets für einen Zentner
Kartoffeln eine Note von einem Zentner Geld. Und wer umgekehrt
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