Page 6 - Die Wunderinsel Barataria
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Kartoffeln brauchte, erhielt solche in den Kellern der Notenbank gegen
            Vorzeigen der Noten. Und auf der ganzen Insel liefen die Noten als
            Geld um und reihten sich in die allgemeine Preisskala nach dem Gesetz
            von  Angebot  und   Nachfrage  ein.  Jeder   rechnete   nach  Kartoffel-
            zentnern, alle Preise lauteten in Kartoffelzentner, abgekürzt Zentner. Da
            die Kartoffel auf der ganzen Insel gleichmäßig gut gedieh, so standen
            die Preise aller anderen Waren direkt unter der Kontrolle der Kartoffel.
            Erschienen die Preise der sonstigen Waren teuer im Vergleich mit den
            Kartoffeln, dann gingen wegen Mangel an Geld (Kartoffelnoten) die
            Preise der übrigen Waren zurück, d.h. man erhielt für die Kartoffeln
            wieder mehr von den anderen Waren, bis dass der Kartoffelbau wieder
            lohnend  erschien.   So   stand  darum   die   Währung  Baratarias  viel
            unmittelbarer  unter   dem  allgemeinen   Gesetz,  wonach   das
            Tauschverhältnis der Waren durch die Arbeit bestimmt wird, als es z.B.
            bei der Goldwährung der Fall ist. Denn das Gold lässt sich nicht wie
            Kartoffeln willkürlich produzieren, weil es ja gefunden wird.
            So weit wickelte sich also der Handel ganz gut und zur allgemeinen
            Zufriedenheit ab. Doch hatte die Sache einen Haken. Noch waren keine
            zwei   Jahre  verflossen,  da  berief   Diego  Martinez,  den  man  zum
            Verwalter der Notenbank ernannt hatte, die Baratonen wieder zu einer
            Besprechung. Seine Bücher schlossen mit einem Fehlbetrag von über 20
            %  ab,  d.h. es  waren 500.000  Zentner Kartoffelnoten ausgegeben,
            während die Deckung nur 400.000 Zentner betrug. Der Fehlbetrag von
            100.000 Zentner war auf den natürlichen Schwund der Kartoffeln, auf
            Fäulnis,  Rattenfraß  und   auf  die  Verwaltungskosten   zurückzuführen.
            Martinez erklärte, dass dieser Verlust nicht zu vermeiden sei und dass,
            wenn nichts geschähe, der Fehlbetrag nächstes Jahr auf 30 % steigen
            werde.  Was   sollte   geschehen?  Man  schlug   vor,  durch  Steuer   den
            Fehlbetrag zu decken. Man solle eine Steuer im Gesamtbetrag von
            100.000 Zentner erheben und diesen Betrag einfach verbrennen. So
            wäre   das  Gleichgewicht  zwischen   Noten  und  Deckung   wieder
            hergestellt.

            Martinez aber sagte: Diese Steuer wäre ungerecht, denn sie würde
            Leute treffen, die keinen Gebrauch vom Gelde machen, weil sie, was sie



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