Page 96 - Gespräche mit Gott über Geld
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gemütlichen Schlendern  auf das  Ziel  hin  abgebremst  werden. Dazu
           veranstaltet man zunächst einmal riesige Pfeifkonzerte – als ob dies das
           Los der Verlierer verbessern könnte. Man bringt Wut zum Ausdruck und
           Entrüstung. Es gibt Märsche, Konzerte, Aktionen. All' dies soll die Sieger
           zum Innehalten bewegen, sie zum Stoppen oder gar zum Einlegen des
           Rückwärtsganges veranlassen. Wenn diese sich dadurch nicht stören
           lassen, sollen ihnen durch die Politik „Steuerklötze“ ans Bein gebunden
           werden. Doch wer soll die Sieger da vorne an der 98-Meter-Marke
           einholen, um ihnen die Steuerformulare in die Hand zu drücken?

            Während dessen werden Maßnahmen ersonnen, wie den Armen zu
           helfen ist. Wie? Indem man Geld in die Hand nimmt und Arbeitsbeschaf-
           fungsmaßnahmen   für   diejenigen   organisiert,  die  durch  den  Kosten-
           druck, den der Renditezwang verursacht, ihre Arbeitsplätze verloren
           haben. Je steifer die „Krisenbrise“ wird, umso mehr „Angebote“ werden
           gemacht,  die   immer  schlechter  entlohnt  werden.  Bei  euch   in
           Deutschland nennt man dies „1-Euro-Jobs“. Da unter diesen Umständen
           kaum jemand freiwillig arbeiten möchte, kommen Sanktionen ins Spiel.
           Auch gegen die Sachbearbeiter in den Ämtern, wenn diese nicht schnell
           und hart genug sanktionieren. Ein Ende der Spirale ist nicht in die Sicht.
            Derweil organisieren Kirche und Wohltätigkeitsorganisationen Suppen-
           küchen und Kleiderkammern für die Ärmsten. Es werden Gesetze auf
           den Weg gebracht, um weitere Lohnsenkungen zu verhindern, worauf
           Firmen   mit   „Abwanderung“  drohen   oder  dies  auch   tun.  Für  eine
           „Reichensteuer“ findet sich so schnell keine Mehrheit im Parlament, also
           werden  zunächst  einmal   Banken   verstaatlicht,   Managergehälter
           gedeckelt, Anti-Gier-Vorschriften entwickelt. Für die Entlassenen gibt es
           Auffanggesellschaften mit Bewerbungs- und „Jobfit“-Programm, für die,
           die noch in Lohn und Brot stehen, Kurzarbeitergeld. 24 Monate lang.
           Danach ist Schicht im Schacht. Rund um den Globus wird bis tief in die
           Nacht getagt und am Ende kommen offizielle Statements heraus, die
           widersprüchlicher und substanzloser nicht sein könnten.



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