Page 107 - Gespräche mit Gott über Geld
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abführen. Das bedeutet im Klartext: Wenn ihr weiterarbeiten wollt,
           dann müsst ihr mehr und härter weiterarbeiten! Das funktioniert, weil
           „nichtarbeiten“ keine Alternative ist, da dann Hunger und Elend drohen
           – zumindest, wenn wir das Ganze durch die universale Brille betrachten.

            Ja, aber ist das nicht vollkommen verrückt? Unsere heutige Art und
           Weise,  das  notwendige   Geld   in  den   Kreislauf  zu  bringen,  ist  die
           Zahlung von Zinsen. Eine Belohnung also. Dafür, dass du mir 100 Euro
           leihst, gebe ich dir später 110 Euro zurück. Zinswirtschaft – mit allen
           bekannten dramatischen Folgen. Geld ist etwas, das wir alle, jeder
           einzelne Wirtschaftsteilnehmer, ob Firma, Privatperson oder Nation,
           brauchen. Geld ist für die Wirtschaft das, was für den Verkehr die
           Straße ist oder für die Eisenbahn die Gleise. Es gibt zahlreiche Bilder,
           die   den   Irrsinn  der  „Belohnung  Zins“   verdeutlichen  können.   Zum
           Beispiel dieses: Eines Tages wacht ein Mensch auf und beschließt, in
           einem Güterwagon der Eisenbahngesellschaft Hühner zu züchten. Das
           ist für ihn eine prima Idee, denn er spart sich so den Bau eines Hühner-
           hauses. Als die Eisenbahngesellschaft bemerkt, dass ihr ein Wagon
           fehlt, schickt sie einen Mitarbeiter, der unseren Menschen auffordert,
           den Wagon zu räumen und die Hühner woanders unterzubringen. Was
           würde wohl geschehen, wenn unser Mensch jetzt sagen würde: „Nun
           gut, geben Sie mir 100 Euro und ich ziehe mit meinen Hühnern um“?
           Richtig: Es gäbe ein riesiges Gelächter und die ganze Angelegenheit
           landete, wenn  unser  Mensch seine  Haltung  nicht  ruckzuck  ändern
           wollte, mit Sicherheit vor dem Kadi. Bis aber dort das Urteil gespro-
           chen wird, würde die Eisenbahngesellschaft eine Standgebühr erheben,
           um den Verlust auszugleichen, der ihr durch die Nicht-Nutzung des
           Wagons entsteht. Und wir sind uns sicher einig, dass die Eisenbahn-
           gesellschaft   vor  Gericht  gewinnen  würde  und  unser  Mensch   dazu
           verurteilt wird, die Standgebühr zu bezahlen – plus eine saftige Strafe!

            Wenn wir dieses Bild auf unser Geldsystem übertragen, stellt sich die
           Situation jedoch ganz anders dar. In diesem Fall würde die Eisenbahn-



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