Page 64 - Gespräche mit Gott über Geld
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SO  würde  ich  das   nicht  sehen,  denn  schon damals  ließ Gold  die
           meisten  Menschen   kalt.  Die  „Faszination  des   Goldes“  ist  mehr  ein
           Mythos als ein reales Erleben. Kultgegenstände und schöner Schmuck
           fanden zwar immer den Gefallen einiger Menschen, doch die meisten
           Menschen vermissen goldenes Geschmeide nicht sonderlich. Selbst die
           Könige der früheren Zeiten waren froh, wenn sie abends ihre Kronen
           aus Gold gegen eine bequeme Bettmütze vertauschen konnten.
            Du sagst, wir fänden nichts weiter am Gold und gleichzeitig erscheint
           es uns doch so wertvoll. Wie geht das zusammen?

            JA, das ist auch nicht ganz leicht, schon gar nicht offensichtlich. Hätte
           Gold einen tatsächlichen Nutzen für euch gehabt, dann wäre es für
           euch ein Leichtes gewesen, diesen zu benennen. Würde es zum Bauen
           von Häusern taugen, zum Weben von Kleidern oder zum Formen von
           Werkzeugen, dann wäre ihm eben jener Wert, besser gesagt „Nutzen“
           zugeordnet worden. Doch nichts davon war beim Gold auszumachen.
           Im Gegenteil. Das Material taugte zu fast nichts – außer eben zum
           Fertigen von Kronen, Kelchen und dem Schmuck für die Hohepriester.
           Doch welcher normale Mensch führt sich diese Gegenstände mehr als
           einmal pro Jahr vors Auge? Und doch fügte sich Gold in der Welt des
           Handels   so   gut  ein  wie   keine  andere   Sache  zuvor.   Gold  brachte
           höchsten Nutzen, doch von einer anderen, weniger direkten Art, als
           kalte Hände zu wärmen.
            Um  diesem  Gegensatz  beizukommen   und  eine  zumindest  logisch
           klingende Erklärung für das Wesen des Goldes zu finden, habt ihr dem
           Gold den „inneren Wert“ zugeordnet. Wert werde im Gold gespeichert
           wie Weizen im Silo. Und da der Speicher so offensichtlich viel Nutzen
           hatte, dem Handel so dienlich war, schien der Nutzen im Gold selbst zu
           liegen und ihm Wert zu verleihen. Aber Gold war kein Gefäß für irgend-
           einen ominösen Wert und schon gar kein „Auffangbecken für Schweiß“.
           Die Geschichte vom Wert stimmte nicht – und trotzdem diente das Gold
           recht lange und recht gut. Doch weil ihr beim Gold den fehlerhaften



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