Page 10 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“


               Die natürliche Wirtschaftsordnung wird nun durch  Freiland  und  Freigeld von all
               den hässlichen, störenden und gefährlichen Begleiterscheinungen des Manchestertums
               befreit werden und alle Vorbedingungen für ein wirklich freies Spiel der Kräfte schaffen:
               dann soll es sich erweisen,  ob solche Ordnung nicht doch noch besser ist als der
               neumodische Götze,  der alles  Heil vom  Bienenfleiß des  Beamten, von seiner Pflichttreue,
               seiner Unbestechlichkeit und seiner menschlichen Gesinnung erwartet (gemeint ist hier der
               Sozialismus – jfk).

               Auszug aus dem Vorwort zur dritten Auflage der NWO, Herbst 1918.

               Oder, aus „exakt derselben“ Quelle:
               „Man vergaß  oder wollte  es nicht  einsehen, dass, wenn  es natürlich zugehen sollte, man
               auch dem Proletariat  das Recht einräumen müsse, sich den Boden mit denselben Mitteln
               zurück  zu  erobern, mit denen er ihm entwendet worden war.  Stattdessen  riefen die
               Manchesterleute denselben Staat zur Hilfe, der durch sein Dazwischentreten das freie Spiel
               bereits verdorben hatte, damit er sich mit seinen Gewaltmitteln vollends der Schaffung eines
               wirklich freien Spieles  der Kräfte  entgegenstellen solle.  So gehandhabt, entsprach  das
               Manchestertum in keiner Weise seiner Lehre. Volksbetrüger hatten sich, zum Schutze
               von Vorrechten, dieser Lehre bemächtigt, die jedes Vorrecht verneinte. Das war
               Betrug und Heuchelei.“
               Und genau  in dieser Tradition befinden sich  die institutionell organisierten Liberalen und
               Neoliberalen auch heute noch. Der Staat soll zusehen, wie jeder das Beste aus den höchst
               ungleich verteilten Chancen macht. Chancengleichheit  durch den Abbau von Privilegien?
               Fehlanzeige. Der Staat soll sich aus allem raushalten – außer die Privilegien der Geldmacht
               sind in Gefahr!

               Fassen wir  kurz  das Ergebnis  dessen zusammen, was als die Bemühung Taghizadegans
               angesehen werden muss, nämlich das Welt-  bzw. Menschenbild,  die „Ideologie“ des
               Begründers der Freiwirtschaftslehre zu skizzieren:

                   •  Zuviel „Freiheit“. Wovon wird nicht verraten.
                   •  Manchestertum = Freiwirtschaft = Liberalismus.
                   •  Freiwirtschaft = „Manchesterliberalismus“ + freie Kampfbahn
                   •  Freiwirtschaft = Vorläufer des Neoliberalismus

               Taghizadegan ist offensichtlich bemüht, die  Freiwirtschaft als „vorliberale Strömung“
               darzustellen. Die verwendeten Stilmittel?
                   •  Üble Nachrede        Erfindungen, Behauptungen ohne Belege
                   •  Weglassungen          Verzicht auf den wesentlichen Zusammenhang
                   •  Verzicht auf die Definition von Schlüsselwörtern
                   •  Abwandlungen          Wortverdrehungen (Freigeld, Geldfreiheit)
                   •  Hinzufügungen         „Manchesterliberalismus“
                   •  Freizügige Benutzung von Spezialbegriffen („ideengeschichtlich“)
                   •  Freizügige Benutzung von Füllwörtern (Verstärkungen), die nicht in einen logischen
                      Zusammenhang eingebettet werden („natürlich“, „zunächst“, „sogar“) und suggestiv
                      – die Schlussfolgerungen lenkend – verwendet werden

               Dass daran die Qualität der „Schlussfolgerungen“ leiden muss, ist leicht nachzuvollziehen.




               Jens Frank Kasten (jfk)                     - 10 -                        CTS Freiheitswerk, 2011
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