Page 12 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“
Entweder er wird vom Kritiker korrekt erklärt, oder er lässt ihn vom kritisierten Autor
erklären. Nach der „dreifachen Umkreisung der Freiheit“ finden wir jetzt die vermeintlich
vierte. Das Bekenntnis zum „sich selbst erklären-sollenden Freihandel“ soll nun mit Gesells
„handelsfeindlichen Ressentiments“ kollidieren. Gesell als Blender? Ein Schwärmer für den
vom Zollgespenst und von weiteren merkantilen Gespenstern befreiten Handel (Freihandel)?
Und gleichzeitig ein Phobiker im Hinblick auf den allgemeinen Warentausch, den Handel im
Allgemeinen (handelsfeindliche Ressentiments)?
Taghizadegan stellt hier einen Widerspruch in den Raum, der sich sofort auflöst, wenn man
bedenkt, dass der Freihandel das Ergebnis, eine Wirkung des realisierten Freilandkonzeptes
(Bodenverstaatlichung) und mehr noch eine Wirkung von „Freigeld in Aktion“ ist, und dass
das beschriebene volkswirtschaftliche Gesetz, das den gegenseitigen Wucher, die
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gegenseitige Ausnutzung der Verlegenheit der anderen zum Inhalt hat, unter den
Bedingungen eines fehlerhaften Geld- und Bodenrechtes äußerst verderbliche Wirkungen
hat, die später („noch tiefer im Werk“) beschrieben werden und sich in ihren Wirkungen
wesentlich anders darstellen, wenn die vorgeschlagenen Reformen verwirklicht sind.
Die Erwähnung der Gültigkeit dieses Gesetzes durch Gesell war seinerzeit eine Antwort auf
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den „Club of Gold“ , welcher beweisen wollte, dass Papier kein Geld sein kann, weil es
keinen „intrinsischen“, keinen Wert aus sich heraus, keinen Gebrauchswert im Sinne einer
„verbrauchbaren Ware“ habe. Deswegen finden wir die Zitatsplitter in einem anderen
Zusammenhang – nämlich in der Auseinandersetzung mit diesen Anhängern der damals
gültigen Goldwährung. Wäre mit dem Handel zu Gesells Zeiten und vorher und überhaupt
alles „in bester Ordnung“, wäre dieses Buch nicht geschrieben worden und es würde nicht
knapp 100 Jahre später (die Kritik liegt schon ein paar Jahre vor) noch im Gespräch sein.
Der „Freihandel“ ist das Ergebnis einer verwirklichten Geld- und Bodenreform nach Gesell!
Der Handel unter kapitalistischen Bedingungen und jener Handel, der sich nach den
verwirklichten Reformen einstellt, werden insofern immer einen Widerspruch bilden, weil
beide auf extrem verschiedenen Grundlagen sich vollziehen und daher sehr verschiedene
Wirkungen nach sich ziehen. Das „besonders leidenschaftliche Bekenntnis zum Freihandel“
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ist eine Schlussfolgerung aus der Forderung nach Freiland und entstammt dem Abschnitt
2.4 „Wie die Bodenverstaatlichung wirkt“ in Kapitel 2 „Freiland“ der NWO.
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Verlegenheiten, die sich allein daraus ergeben, dass im Zuge der Spezialisierung bestimmte allgemeine
Fähigkeiten, Fertigkeiten sich zurückbilden, ja geradezu bewusst aufgegeben werden und die gegenseitige
Abhängigkeit im Austauschprozess sich erhöht, je weiter die gewerbliche Arbeitsteilung und Spezialisierung
voranschreitet. Die Verlegenheiten in der Urwirtschaft waren eher kollektiver Natur. Im Ernstfall haben alle
gehungert und alle gefroren. Im Tauschhandel – um den es nicht geht! – ließen sich diese Verlegenheiten nur
bedingt ausnutzen. Wie sollte der Fischverkäufer den Schuhverkäufer ausnutzen? In deren Rollen als Geld- bzw.
Warenbesitzer sieht die Sache schon etwas komplexer aus. Die Verlegenheiten der Rockefellers erscheinen auf
jeden Fall weniger existentiell als die der Arbeiter und die des Mittelstandes.
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Verein zum Schutz der Goldwährung
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Staatlicher Rückkauf des privaten Bodens anhand des Verkehrswertes zu einem Zeitpunkt, der zeitlich vor
der Bekanntgabe des Rückkaufs liegt. Verpachtung der Grundstücke im Meistbietungsverfahren. Ausschüttung
der Pachteinnahmen zunächst zur Auslösung der staatlichen Schuldscheine für den Bodenrückkauf an die
ehemaligen Bodenbesitzer (Abzahlung) und später als Gegenleistung für die „Verursachung der Bodenrente“ an
die Frauen (Müttergeld). Gesell weist nach, dass die Frauen die „Nachfrage nach dem Boden“ – und damit die
Höhe der Grundrente – durch ihre Entscheidung bestimmen, Kinder zur Welt zu bringen, da sie damit die
Bevölkerungsdichte schaffen, die allein die Höhe der Grundrente bestimmt.
Jens Frank Kasten (jfk) - 12 - CTS Freiheitswerk, 2011