Page 14 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“
Das Maß an Verwirrung wächst unerträglich an und der Letzte verliert irgendwann den
Antrieb, nach Alternativen zu suchen. Nach Alternativen zu den Lösungen, welche die
„akademischen Erfüllungsgehilfen der Vermehrungsfunktion des Geldes“ vorschlagen, die
„studierten Bewahrer des Status Quo“. Ergründen wir daher, welchem Zusammenhang
Taghizadegan folgende Zitatfragmente entnommen hat, um damit einen nicht existenten
Widerspruch zu konstruieren. Sehen wir uns den bereits zitierten Satz noch einmal an:
Und hier fangen die Widersprüche an: Tiefer in seinem Werk entgleiten dem Kaufmann
handelsfeindliche Ressentiments. Handel sei „Wucher mit einem Gegenstand“, der Verkäufer
wolle des Käufers „Verlegenheiten ausbeuten“, habe es gar auf die Ausbeutung „des Volkes
im großen“ abgesehen.
Diese Zitatfetzen entstammen dem Kapitel 3 der NWO, Abschnitt 3.4 „Warum man aus
Papier Geld machen kann“ und beschreiben im Zusammenhang, wie es möglich ist,
„wertloses Papiergeld“ – wertlos im Hinblick auf den Gebrauch als Papier, nicht im Hinblick
auf seinen Gebrauch als Geld – zu handeln und damit Waren zu tauschen. Zu Gesells Zeiten
war in der Hauptsache Gold die Bedingung für die Geldschöpfung, auch wenn sich der
Geldumlauf schon mehrheitlich und weltweit mit Papiergeld vollzog.
Im Wesentlichen wird in diesem Teil des 3. Kapitels der NWO „Metall- und Papiergeld“ die
Grundlage für jeden Tausch, für jede wirtschaftliche Beziehung, erörtert. Auf wenige Silben
zusammengefasst: Im Hinblick auf den wirtschaftlichen Tausch nimmt jeder so viel er kann
und gibt so viel er muss. Betrachten wir daher die „handelsfeindlichen Ressentiments“
Gesells etwas genauer:
Wenn ein Mensch irgendeinen Gegenstand braucht und haben will, und es trifft sich, dass
der gesuchte Gegenstand im Besitze anderer, und sonst nicht zu haben ist, so wird er sich in
der Regel genötigt sehen, etwas von seiner Habe anzubieten, um den Besitzer der gesuchten
Sache zu veranlassen, ihm das, was er braucht, abzutreten.
Er wird also den Gegenstand durch Tausch an sich bringen. Und selbst dann wird er das tun
müssen, wenn dem anderen der gesuchte Gegenstand nutzlos ist. Es genügt, wenn der
Eigentümer weiß, dass der andere den Gegenstand braucht oder gar haben muss, dann gibt
er ihn sicher nicht umsonst, ja, in vielen Fällen wird es vorkommen, dass jemand eine Sache
nur darum aufhebt und in Besitz nimmt; weil er weiß, dass hinter ihm jemand folgt, der die
Sache nützlich verwenden kann. Und je dringender dieser andere den Gegenstand braucht,
am so höher wird der Besitzer seine Forderung schrauben.
Das hier Gesagte erscheint heute so selbstverständlich und natürlich, dass viele es für
überflüssig ansehen werden, es auszusprechen; ja, soviel ich weiß, ist es hier das erste Mal,
dass in einer volkswirtschaftlichen Schrift dieser Satz niedergeschrieben wird. Und doch
handelt es sich hier um das eigentliche Grundgesetz der heutigen
Volkswirtschaft, des Handels, der wirtschaftlichen Beziehungen der Bürger
untereinander und der Bürger zum Staate.
Die obige „welterschütternde” Entdeckung ist nicht weniger blöde und dumm und
selbstverständlich als die Newtonsche Entdeckung der Schwerkraft. Dafür hat sie auch für
die Volkswirtschaft die gleiche bahnbrechende Bedeutung, die der Newtonschen Entdeckung
für die Wissenschaft zugesprochen wird.
Mit der Inbesitznahme oder Aneignung eines Gegenstandes, den man nicht selbst
gebrauchen kann, der aber, wie wir annehmen oder wissen, von anderen gesucht wird
Jens Frank Kasten (jfk) - 14 - CTS Freiheitswerk, 2011