Page 16 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“


               Gesetz ist. Auch wäre er vermutlich nicht Kaufmann geworden, wenn ihm das beschriebene
               Wechselspiel von Angebot und Nachfrage schlaflose Nächte bereitet hätte.

               Taghizadegan bestreitet auch nicht, dass der Handel sich so oder so ähnlich abspielt. Er hält
               sich zudem eine Hintertür offen indem er sagt, dass nicht Groll die Feder von Gesell geführt
               habe, sondern „Gewitztheit und Ironie“. Sicher ist er sich dessen allerdings nicht. Doch die
               Schlussfolgerung aus diesem Zweifel trieft geradezu vor Gewissheit, da er  gleich drei
               Superlative in den darauf folgenden Sätzen verwendet:

               Je stärker seine Emphase der Freiheit,  desto ungeduldiger. Der  hierzu  brauchbarste, da
               deutlichste Maßstab scheint dazu das Ideal zu sein: Ein plausibler Gegenentwurf, der den
               wunderbaren Vorteil hat, noch reinste Vorstellung und nicht schmutzige Wirklichkeit zu sein.
               Objektiv kann konstatiert werden, dass Taghizadegan dem ersten Satz der Volkswirtschaft
               zumindest dahingehend genügt, dass er die „Verlegenheit anderer“ auszunutzen versteht! In
               diesem  Fall die Verlegenheit der Leser seiner Schrift, das Original (die Theorie der
               Freiwirtschaft, die NWO), das er kritisiert, nicht zur Hand zu haben. Denn die Leser können
               nicht leicht „hinter beidem her“ sein: Hinter den „Wirtschaftswerten“ seines Instituts und den
               Schriften Gesells. Diese stützen sich nämlich  gegenseitig wenig. Daher sei eine kleine
               Entscheidungshilfe erlaubt.
               Silvio Gesell will die Welt verbessern – nicht durch gute Taten, sondern indem er sie besser
               denkt; indem er einen – auf der Grundlage seines momentanen Wissens und Verstehens –
               plausibleren Gegenentwurf zur Welt erdenkt.

               „Auf der Grundlage seines künftigen Wissens  und Verstehens…“ würde allerdings auch  zu
               schräg klingen! Mit welch guten Taten sollte  man als „hauptamtlicher Denker“, der ein
               Ökonom,  ein Philosoph oder irgendein  Geistesschaffender nun mal  ist, die Welt mehr
               verbessern als mit „richtigen Gedanken“? Also mit einem brauchbaren, vielleicht auch nur auf
               den ersten Blick „widerspruchslosen Plan“, einem „überdenkenswerten Entwurf“? Wo ist an
               einem plausiblen Gegenentwurf zu einer  wahnsinnig  erscheinenden Welt  die  vermeintlich
               fehlende gute Tat?

               Weil der Entwurf die „schmutzige Wirklichkeit“ als Ansporn betrachtet, zu einer saubereren
               Wirklichkeit zu gelangen? Oder weil er als Entwurf selbst noch nicht schmutzig genug ist?
               Welchen Wert hat in diesem Zusammenhang die Polarisierung zwischen Denken und Tun?
               Der Kommissar verbessert die Welt, indem er den „Bösewicht“ überführt, der Erzieher, indem
               er alles tut, damit die  ihm Anvertrauten zu tugendhaften Menschen  werden – und der
               Ökonom, indem er ein besseres, tragfähiger erscheinendes, universelleres Modell entwickelt!
               Ein Modell, das bei seiner Realisierung  eine Welt mit  weniger Bösewichtern  und mehr
               „tugendhaft handeln-könnenden Menschen“ hervorbrächte.

               Als liberaler Kosmopolit lädt er den  zwangsläufig aus diesem Zugang folgenden
               Universalismus mit zusätzlichem Pathos auf. Jedem Menschen verspricht er einen „Platz an
               der Sonne“. Hier berührt sich ein  Motiv der  liberalen Aufklärung mit ihrem missratenen
               sozialistischen Spross – das Licht der Erkenntnis mit der sozialen, totalen, für alle gleichen
               Wärme.
               Häme, Miss-Assoziation, Unterstellung! Kein Beweis dafür, dass Gesell Schlaraffenländereien
               verspricht statt Chancengleichheit,  bzw. einen  Weg dahin  aufzeigt und die Notwendigkeit
               dieses Weges Schritt für Schritt aufdeckt. Chancengleichheit ist nicht „Seinsgleichheit“!



               Jens Frank Kasten (jfk)                     - 16 -                        CTS Freiheitswerk, 2011
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