Page 15 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“
(entspricht der Definition des Begriffes „Ware“ – jfk), können wir nur einen Zweck verfolgen:
wir wollen diesen anderen Verlegenheiten bereiten und diese Verlegenheiten
ausbeuten. Wir wollen Wucher mit dem Gegenstand treiben, denn jemand in
Verlegenheit bringen und diese Verlegenheit ausbeuten, heißt Wucher treiben.
Der Umstand, dass diese Ausbeutung gegenseitig ist, beschönigt vielleicht den
Sachverhalt, ändert aber nichts daran, dass die wechselseitige Ausbeutung der
Notlage des Nächsten, die nach allen Regeln kaufmännischer Kunst betriebene
gegenseitige Plünderung, die Grundlage unserer Volkswirtschaft bildet, die
Grundlage auf der der Tausch aller Waren sich abspielt, das wirtschaftliche
Grundgesetz, welches das Tauschverhältnis der Erzeugnisse, die Preise der Waren
selbstherrlich bestimmt. Nähme man diese Grundlage fort, so würde unsere
Volkswirtschaft in sich zusammenstürzen, und es bliebe für den Austausch der Waren kein
anderes Mittel übrig, als sie nach christlicher, sozialistischer, kommunistischer, brüderlicher
Vorschrift gegenseitig zu verschenken.
Sind Beispiele nötig zur Erläuterung dieses Satzes? Warum ist bei der Post das Briefporto um
vieles höher als das Drucksachenporto, trotzdem die Leistung der Post bei beiden
Gegenständen die gleiche ist? Doch nur; weil der Briefschreiber in der Regel zwingende
Gründe für den Brief hat, während der Versand der Drucksache oft unterbleiben würde,
wenn das Porto höher wäre. Der Briefschreiber ist in einer Zwangslage, der Absender der
Drucksache nicht, darum allein muss der Briefschreiber für die gleiche Leistung das
mehrfache Porto bezahlen!
NWO; PDF; 3.4; S. 101
Es ließen sich hierfür auch viele zeitgenössische Beispiele anfügen. Das Vorhandensein und
die Benutzung von Geld sind allein schon Beweis für die Gültigkeit des Satzes, dass „jeder so
viel nimmt wie er kann und nur so viel gibt, wie er muss“ – soweit es sich um wirtschaftliche
Tauschverhältnisse handelt und nicht um familiäre Beziehungen. Im anderen Falle wäre das
Geld des Zwecks beraubt, denn im „zu Ende gedachten Fall“ verschenkten die Produzenten
ihre Ware lieber, weil sie weniger nicht nehmen können, dafür aber umso mehr geben.
Der Handel zwischen den Subjekten der Wirtschaft – die Zirkulation der Waren – findet
seinen allgemeinen Ausdruck im Feilschen um den niedrigeren Preis aus der Sicht der Käufer
und in entgegengesetzter Richtung aus Sicht der Warenbesitzer. Dieser Handel funktioniert
solange keiner etwas verschenken will. Wäre beim allgemeinen Handeln in der Zirkulation
„das Verschenken wollen“ der Hauptantrieb, dann würde die Ware nicht immer da landen,
wo sie am dringendsten gebraucht würde, also bei dem, der auf Grund der Dringlichkeit, an
diese Ware zu gelangen, auch am meisten von dem hergibt, was er zum Tauschen übrig hat.
Wie sollte der Tauschwillige den finden, der am meisten dafür herzugeben „verdammt“ ist,
weil seine Notlage, seine Verlegenheit in Bezug auf die Ware am größten ist? Will er die
„Bedürftigen“ unter den Umständen, dass er gar nicht danach trachtet, soviel zu nehmen wie
jene bereit sind zu geben, überhaupt finden? Das beschriebene „Grundgesetz der
Volkswirtschaft“ garantiert, dass die Ware schlussendlich dort landet, wo sie am meisten
Nutzen stiftet, weil nur jene, für die die Ware den größten Nutzen hat, auch das Meiste dafür
herzugeben bereit sind.
Weder von verstecktem noch von offenem Groll (Ressentiments) ist bei Gesells Aussagen zu
diesem Thema etwas zu spüren. Er stellt fest, was das grundlegende volkswirtschaftliche
Jens Frank Kasten (jfk) - 15 - CTS Freiheitswerk, 2011