Page 25 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“
jene einen Vorteil, deren Unternehmen beim allgemeinen Niedergang eine spätere
Losnummer gezogen haben – zumindest solange, wie ihre Löhne nicht vor dem Konkurs
ihrer Unternehmen, den Schwierigkeiten des Absatzes entsprechend, nach unten angepasst
wurden.
Die Warenproduktion findet unter Goldwährungsbedingungen ihren Regulator jedenfalls nicht
in den Bedürfnissen der Menschen, sondern in den Schwankungen der Goldförderung und
den Schwankungen des Darlehenszinses. Wächst die Wirtschaft schneller als die
Erschließung neuer Goldvorräte diesen Vorgang begleitet, kommt es unvermeidlich zur Krise.
Ebenso dann, wenn die Goldmenge sich über Nacht dramatisch erhöhen lässt, etwa weil
neue Goldfunde (aus Alaska oder sonstwo) über den Markt hereinbrechen.
Die Geldmengensteuerung ist, wenn sie (weiterhin) nicht gelingt, die Crux beim
Tausch der Waren mittels Geld – oder sie führt uns in ein neues Zeitalter, wenn
sie gelöst wird! Millionenfacher, frühzeitiger, unwürdiger Tod oder paradiesische
Zustände: Eine andere Wahl gibt es für die mit uns und nach uns Lebenden nicht!
Dabei tut er (Gesell, jfk) wider besseres Wissen so, als würden in diesen Fällen etwa das Salz
oder der Tee so häufig getauscht, weil die Menschen plötzlich so gerne salzig äßen oder Tee
tränken.
Das ist ein Gedanke Taghizadegans, den er Gesell gerne untergejubelt hätte, der aber so
keine Rolle spielt, weil Gesell nicht die Verwendung von Tee oder Salz als Tauschmittel in
Frage stellte, sondern lediglich den Sinn bezweifelte, Waren als Tauschmittel zu verwenden,
anstatt „weniger nützliche Waren“ dafür zu nehmen – wie zum Beispiel Gold oder Papier.
Dieser Sachverhalt wird noch klarer, wenn wir uns zwei verschiedene Geldarten, z.B. Gold
und Tee, nebeneinander umlaufend denken. Für alle, die das Gold als Tauschmittel
gebrauchen, wird es einerlei sein, ob sie mit dem einen oder dem anderen bezahlt werden,
da sie das Gold ja wieder ausgeben. Für die Sparer wird es aber durchaus nicht einerlei sein,
ob sie Gold oder Tee haben, da das Gold sich hält, der Tee aber verdirbt. Die Sparer würden
niemals für 10 Mark Tee 10 Mark Gold geben; ja dem Sparer, der mit längeren Zeitläufen
rechnet, wird sogar Gold und Tee in keinem Tauschverhältnis gleichwertig sein. Für ihn sind
Gold und Tee einfach nicht vergleichbare Größen.
Abschnitt 3.13. der NWO, PDF-Ausgabe, S. 156 oben
Weil Taghizadegan entweder nicht willens oder nicht fähig ist, den Gedanken Gesells
wenigstens in gebührendem Abstand zu folgen, verfehlt er vollständig das Konzept, dass zu
kritisieren er sich zur Aufgabe gemacht hat. Und so haut er weiter in die gleiche Kerbe. Die
armen Waren, die Gesell vermeintlich als Geld diskreditierte, haben derartige Schmähung
nicht verdient! Gesell arbeitet den Vergleich zwischen „Waren mit Verbrauchsgefahr“ und
„Waren ohne (oder mit weniger) Verbrauchsgefahr“ akkurat ab.
Taghizadegan besteht jedoch weiter darauf, dass es mehr recht als billig ist, den Tee als
vollgültiges Geld neben dem Gold zu deklarieren. Mehr noch als das „wertlose Versprechen“,
das Papiergeld. Da ihm offensichtlich die Argumente fehlen – von widersprüchlichen einmal
abgesehen, z.B. dass unterschiedlichste Waren schon allgemein anerkanntes Tauschmittel
gewesen sein – wettert er gnadenlos gegen die Argumentation Gesells, ohne seine eigene
Argumentation korrekt zu belegen, was zumindest den Verdacht nahelegt, dass er genau
dies nicht kann!
Jens Frank Kasten (jfk) - 25 - CTS Freiheitswerk, 2011