Page 27 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“


               Die Nützlichkeit des Goldes für den Tausch und seine historisch erklärbare Verwendung als
               Geld stand also überhaupt nie zur Debatte, so wie Taghizadegan suggerieren will.

               Um dann doch vorzuschlagen, „nutzloses“ Gold durch nützliches Papier zu  ersetzen – wie
               kann „Nutzloses“ verschwendet werden?

               Dass das korrekte Zitieren nicht die Sache von Herrn Taghizadegan ist, wissen wir ja nun
               schon. Jetzt entrüstet er sich darüber, dass Gesell  Gold angeblich undifferenziert als
               „nutzlosesten Stoff“ bezeichnet, um dann zu fragen, wieso Gesell denn die Papierwährung
               gefordert habe, obwohl man doch „Nutzloses“ nicht verschwenden könne. In der letzten
               Frage setzt Taghizadegan – siehe vollständiges Zitat auf Seite 22 oben – Gold (angeblich in
               allen Belangen Nutzloses) und Tee (Verschwendung als Geldstoff) gleich im Hinblick auf ihre
               vermeintliche Ablehnung durch Gesell. Bei so viel Verwirrung fällt das Argumentieren nicht
               immer leicht.

               Die Frage, warum  die Menschheit bei der  Wahl ihres Geldes den Weg  von Waren, über
               Edelmetalle (Kupfer, Silber) hin zu Gold nahm, um dann welteinheitlich bei der
               Papierwährung zu landen, ist in der Geldtheorie von Silvio Gesell einleuchtend erklärt –
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               selbst wenn dort nicht alle Formen je verwendeten Geldes erwähnt werden .
               Die Verschwendung von Tee als „Geld“ ist eine Tatsache, sobald Geld existiert. Nicht an sich.
               Gesell hat in seinem Hauptwerk keine derartige Aussage gemacht. Hätte sie aber machen
               können, ohne abgemahnt werden zu müssen.  Denn  gegen Tee als  Gebrauchsgut gibt es
               nicht viel zu sagen. Gegen Tee  als Geld schon. So konnte man  den Tee in Zeiten
               eingeschränkter Reisemöglichkeiten dort als Geld nutzen, wo er nicht wuchs und wo man ihn
               nicht leicht hinbringen konnte. Alles andere wäre darauf hinausgelaufen, dass der Tee-Anbau
               dem (in einigen Fällen noch gar nicht vorhandenen) Staat hätte überlassen werden müssen,
               da ja sonst jeder hinter dem Haus sein eigenes „Geld“ hätte anpflanzen können.

               Gold ist als Geld besser geeignet als Tee. Und Papier ist als Geld (etwas) besser geeignet als
               Gold. Die gegenüber dem Gold bessere Eignung des Papiers betrifft besonders den Punkt 6
               der genannten Merkmale einer Währung, bzw. des Stoffes aus dem das Geld besteht. Mit
               Papiergeld  kann die  Steigerung der Geldmenge, wenn sie durch eine gesteigerte
               Warenproduktion gedeckt ist, leichter bewerkstelligt werden.  Diese Möglichkeit  der
               Anpassung nach oben fehlt dem Gold als routinemäßige Möglichkeit.
               Nach Taghizadegan führte jedoch „indirekte Gewalt“ zur Ablösung von (werthaltigem) Gold
               als Geld durch (wertloses) Papier. Der Staat, der böse Wicht, hat erst das Silber und dann
               das Gold  „entmünzt“ und der frevelhaften Forderung Gesells nach umfassender
               Papiergeldnutzung nicht genügen Stirn geboten. Doch wer ist der Staat? Und wer lenkt ihn
               nach Meinung von Taghizadegan? Es dürfte doch der Verdacht nicht unbegründet sein, dass
               nicht Technokraten die Abkehr vom Goldstandard besorgt haben, sondern die „Herren des
               Geldes“, also früher die des Goldes, selbst.
               Die Abkehr  vom Goldstandard hatte wohl in  erster Linie  mit dem sechsten Merkmal einer
               funktionierenden Währung zu tun, der fehlenden Elastizität der Goldmenge, da der zweite
               Punkt, die stoffliche Überlegenheit gegenüber  der  gemeinen  Ware und die daraus
               resultierende fehlende Äquivalenz in Bezug auf die Durchhaltekosten, den oben genannten
               „Herren“ wohl damals ebenso so wenig bewusst war wie heute.


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                  Der Schekel aus Ägypten fehlt ebenso wie das Kerbholz aus Großbritannien.

               Jens Frank Kasten (jfk)                     - 27 -                        CTS Freiheitswerk, 2011
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