Page 26 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“
Freilich, der Tee, der nachgefragt wird, um weitergetauscht zu werden, wird nicht getrunken
– für Gesell eine Verschwendung, übrigens ganz im Widerspruch zur gerade skizzierten
Argumentation (würde er bloß getauscht, um getrunken zu werden, dann wäre es nämlich in
der Tat bloß direkter Tausch). Und weiters im Widerspruch zu seinen häufigen Klagen, Gold
sei der nutzloseste Stoff überhaupt. Um dann doch vorzuschlagen, „nutzloses“ Gold durch
nützliches Papier zu ersetzen – wie kann „Nutzloses“ verschwendet werden? Hier wird
deutlich, dass Gesell primär ein gewitzter Rhetoriker (bzw. Ideologe) ist, die Konsistenz der
Argumente ist nebensächlich.
Was hier deutlich werden müsste, lässt Taghizadegan für die Leser seiner Kritik sorgfältig im
Dunkeln. Nämlich die Erkenntnis, welche stofflichen Eigenschaften Geld haben sollte, um
seinen Dienst so funktionell wie möglich und in Anbetracht seiner existentiellen Bedeutung
für den Wirtschaftskreislauf so störungsfrei wie möglich zu versehen.
Die „Konsistenz der Argumente“ verliert sich, wenn man Argumente verschweigt und nicht
existente Argumente stattdessen für existent erklärt! An keiner Stelle wurde je vom „Gold als
nutzlosestem Stoff überhaupt“ gesprochen. Diese Aussage kommt noch nicht mal an eine
der berüchtigten Halbwahrheiten heran! Ein Zitat mit den Begriffen „nutzlosester Stoff“ oder
„der am meisten nutzlose Stoff“ oder irgendetwas dieser Art lässt sich einfach nicht finden!
Wir wiederholen deswegen das vermutlich hinter diesem „Vorwurf“ stehende Stück Text:
Weil wir im Golde keine oder keine nützlichen Eigenschaften entdecken, darum hat es
die für die Geldverwendung durchaus nötige, bestimmte Eigenschaft, allen Menschen
gleichgültig zu sein.
Aus diesem Kontext ergibt sich auch, dass es sich bei der „Nützlichkeit“ um jene für die
„unaufschiebbaren Bedürfnisse der Menschen“ handelt: Das Bedürfnis zu essen, sich zu
kleiden, zu wohnen, etc. Ein Klumpen Gold ist in dieser Hinsicht wenig bis gar nicht nützlich.
Stellen wir uns Ali Baba in einer Höhle voll goldener Schätze vor, so wird diese Vorstellung
deutlich getrübt, wenn wir annehmen, dass sich diese Höhe auf einer Insel im Pazifik
befindet, die nur alle 300 Jahre von einem Händler „heimgesucht“ wird. Auch wenn Ali die
Schätze daher vor ihrem Tausch nicht verbrauchen kann, wird er sich lieber ein Rind und ein
wenig Tee oder Salz wünschen, statt einer Höhle voll glänzender aber letztlich
„ungenießbarer“ Schätze.
Einen einzigen Treffer ergab die Suche nach dem Superlativ „nutzlosest“ in der PDF-Ausgabe
der NWO. Wie zu erwarten ergibt sich auch dort nicht der von Taghizadegan versprochene
Zusammenhang, der das Ergebnis von tendenziöser Übertreibung ist, die den Vorzug bekam
vor ernsthafter Quellenarbeit.
Ware, Geldbedarf und Gelddeckung sind drei verschiedene Ausdrücke für die gleiche Sache.
Wo ist die Deckung der Eisenbahnaktie? Etwa in den Schienen und den Bahndämmen? Diese
Deckung findet jeder in den Gütermassen, die der Bahn täglich zur Weiterbeförderung
zugeführt werden. Die Arbeitsteilung ist die Deckung der Bahnaktie.
Und genauso verhält es sich mit den Anteilscheinen der Geldvorrechte, mit dem Geld.
Gesetzt den Fall, es fehlen einmal die Frachtgüter, so ist die Eisenbahnaktie wertloses
Papier; angenommen ferner, es hören Arbeitsteilung und Angebot der Waren auf, so ist das
Geld der nutzloseste Gegenstand, das Papiergeld ist dann wie Ausschusspapier und das
Metallgeld ein Rohstoff der nebensächlichsten aller Industrien.
Abschnitt 3.5. der NWO, PDF-Ausgabe, S. 118 unten
Jens Frank Kasten (jfk) - 26 - CTS Freiheitswerk, 2011