Page 29 - Replik zur Kritik der Freiwirtschaft
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Replik zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rahim Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“


               Argumentation entspricht dem Zugang, das nach dem Sturm lecke Dach gleich ganz
               abzudecken: Nass werde ich ohnehin! Wieder wechselt Gesell seine Argumentation, wie es
               ihm gerade passt. Wenn Papiergeld so wünschenswert sei, wovor müsse man denn dann die
               Menschen schützen? Gesell wirft doch tatsächlich der Goldwährung den Wertverlust vor, der
               eintrat, als sie aufgegeben wurde. Das Metall sei

               unzählige Mal, so oft es die Machthaber […]  so haben wollten, vom Papiergeld verdrängt
               worden. Das Metall hat niemals dem Papier widerstehen können.  Vor Pfuschern und
               Schwindlern hat das Geld in dem Goldgehalt nie mehr Schutz gefunden […].
               So gebt  euch denn  ernüchtert  endlich den Pfuschern  und  Schwindlern hin, Widerstand ist
               ohnedies zwecklos!

               Die sarkastische Schlussfolgerung Taghizadegans klingt logisch, ist es aber nicht! Das Kapitel
               3.5. der NWO von Silvio Gesell, dem das letzte Zitat entlehnt ist, trägt die Überschrift „Die
               Sicherheit und die Deckung des Papiergeldes“. Und es ist im Wesentlichen die Antwort auf
               eine Frage, die seinerzeit von den Anhängern der Goldwährung gegenteilig beantwortet
               wurde. Die „Wirkdauer“ von Papiergeld wurde von den damals organisierten Goldwährungs-
               anhängern vorab zu einer kurzen Epoche in der Menschheitsgeschichte erklärt, weil es dem
               Rohstoff Papier „an inhärentem Wert fehle“. Gesell konnte nicht ahnen, dass dieses Kapitel
               hundert Jahre später in einem völlig anderen Kontext angegriffen werden würde!

               Die die Behauptung „Kein Gold der Welt …“ stützenden Argumente verdeutlichen,
               dass  Papiergeld nicht weniger  gedeckt und sicher ist als Goldgeld und  dass es  ohne
               „intrinsischen Wert“ (eine ziemliche Weile)  existieren kann. Der Abschnitt der NWO, den
               Taghizadegan zitiert, entkräftet die damals gängigen Argumente der Goldwährungsanhänger
               und stellt die Unkenntnis des „Verein zum Schutze der deutschen Goldwährung“ bloß, damit
               sich dessen Mitglieder erfolgversprechenderen Unternehmungen zuwenden konnten.
               Wer sich heute noch in der Tradition solcher Goldwährungsbefürworter sieht, für den muss
               sich die Lektüre der Aussagen in diesem Abschnitt – wie auch in anderen davor und danach
               – wie ein einziger Spießrutenlauf anfühlen.  Die Goldbefürworter haben seinerzeit  ebenso
               drastisch wie schlicht argumentiert und sind nicht weiter gekommen, als dass das Gold einen
               höheren, einen „inneren Wert“ verkörpere und deswegen als Geld unbedingt besser geeignet
               sei als Papier. Dem konnte Gesell viele überprüfbare Argumente entgegensetzen, ohne sich
               in Schmähungen zu verirren.

               In einem späteren Abschnitt (3.13. „Die Neuordnung der Notenausgabe [Emissionsreform]“)
               beschreibt Gesell die katastrophalen Folgen,  welche eine „dem Gold nachgeäffte Papier-
               währung“ für die Menschen haben kann. Die behandelten Fragen wurden letzten Endes von
               der Geschichte beantwortet. Papiergeld ist genauso „existenz(un)fähig“ wie Goldgeld! Etwas
               besser, aber nicht viel. Triumph gegenüber dem Goldgeld ist keinesfalls angebracht, erfüllen
               doch beide „Arten“ von Geld noch nicht den Mindeststandard  einer Währung,  die ihren
               Namen wirklich verdient. Beide führen in die Krise.

               Papiergeld  ist die notwendige Voraussetzung für die Freigeldidee. Gold  erfüllt die
               Voraussetzungen schon wegen  seiner fehlenden „Elastizität  der  Geldmenge“ nicht.
               Taghizadegan verstellt den Blick auf das Wesentliche, indem er ihn auf den Vergleich zweier
               fehlerhafter Geldsysteme reduziert, ohne das  dritte (fehlerfreie) zu nennen (Freigeld), auf
               das es dem kritisierten Autor aber dringend ankommt, da es sich genau hierbei ja um eines
               der beiden zentralen Elemente der Freiwirtschaft handelt.



               Jens Frank Kasten (jfk)                     - 29 -                        CTS Freiheitswerk, 2011
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